»Jeder Mensch ist ein KünstlerREMIX.«
— Joseph Beuys feat. digiges
»Nirgends ist Konservatismus so
schädlich wie in der Kunstim REMIX.«
— Leo Tolstoi feat. digiges
»Die REMIX-Kunst ist die Tochter der Freiheit«
— Friedrich Schiller feat. digiges

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Manifest

Wir leben in einem Zeitalter des Remix. Kreativität und Kultur bauten schon immer auf bereits Bestehendem auf. Internet und digitale Technologien ermöglichen aber die kreative Nutzung existierender Werke in völlig neuen Dimensionen: Nie zuvor war es so vielen möglich, Werke auf so unterschiedliche Arten zu verändern und so einfach anderen zugänglich zu machen. Mehr denn je gilt heute: "Everything is a Remix."
In der klassischen Neuschöpfung tritt das Alte bis zur Unkenntlichkeit in den Hintergrund. Remix als Kulturform zeichnet sich hingegen dadurch aus, dass Altes im Neuen kenntlich bleibt. Remix ist eine kreative Kopie, die als solche erkennbar ist. In dem Maße, in dem die kreative Kopie Teil des kommunikativen Alltags breiter Bevölkerungsschichten wird, ist ein Recht auf Remix eine grundlegende Voraussetzung für die Kunst- und Meinungsfreiheit einer Gesellschaft. Unter einem Recht auf Remix verstehen wir ein Bündel aus drei digitalen Kreativitätsrechten:
Remix und Remixkultur müssen als zentrale Ausdrucksform einer digitalen Gesellschaft anerkannt werden. Ein Recht auf Remix erfordert jedoch auch Änderungen des Urheberrechts in Deutschland und auf europäischer Ebene. Mit rechtaufremix.org versuchen wir einen Beitrag zur Anerkennung und gesetzlichen Regelung der Remixkultur zu leisten.

Recht auf Remix in Deutschland und der EU

Ein Recht auf Remix kann auf unterschiedliche Weise implementiert werden. Dafür sind verschiedene Gesetzesänderungen erforderlich. Konkret: Die europäische Urheberrechtsrichtlinie sowie das deutsche Urheberrecht müssen angepasst werden. Jede der von uns vorgeschlagenen Änderungen würde dabei einen Beitrag zu einer lebendigeren und dynamischeren Remixkultur leisten.

EU: Bagatell- und Remixschranke

Die europäische Urheberrechtslinie kennt nur einen abgeschlossenen Katalog an Beschränkungen und Ausnahmen von urheberrechtlichem Schutz. Remix ist darin nicht berücksichtigt. Durch die Öffnung dieses Ausnahmenkatalogs könnten Mitgliedsstaaten Bagatellschranken einführen und auf diese Weise viele alltägliche Nutzungshandlungen von urheberrechtlich geschützten Werken erlauben. Zusätzlich zur Öffnung des Schrankenkatalogs sollte auf EU-Ebene auch eine eigene Remixschranke eingeführt werden, die kreative Weiterentwicklung bestehender Werke erlaubt. Solche kreativen Kopien sollten im nicht-kommerziellen Bereich vergütungsfrei und für kommerzielle Verwertung mit Hilfe einer Zwangslizenz möglich sein.

Remixrechte im deutschen Urheberrecht

Deutschland muss aber nicht darauf warten, bis die EU eine Remix- oder Bagatellschranke einführt. Bereits jetzt lässt sich auf nationaler Ebene der Spielraum für die Erstellung und Verbreitung von Remixes vergrößern. Beispielsweise kann der Gesetzgeber das Zitatrecht ausdehnen. Kleine Teile bestehender Werke könnten dann zur Erstellung neuer Werke genutzt werden. Dabei sollten auch Leistungsschutzrechte einem überarbeiteten Zitatrecht nicht entgegenstehen. Neben dem Zitatrecht gilt es die in § 24 des deutschen Urheberrechtsgesetzes geregelte „freie Benutzung“ von Werken zu reformieren. Diese ist derzeit nur erlaubt, sofern dabei ein selbstständiges Werk entsteht. Ein Remix zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass kein völlig selbstständiges Werk geschaffen wird. Hier sollte gelten: Was ausreichend neu und kreativ ist, muss auch erlaubt sein.

Mehr Literatur und Links zum Thema.

Fragen & Antworten

Was versteht ihr unter Remix und Remixkultur?

Remix bedeutet, dass das ursprüngliche Werk im neuen Werk deutlich erkennbar ist bzw. bleibt. Remixkultur meint die massenhafte Verbreitung von transformativen und kreativen Werknutzungspraktiken in der digitalen Gesellschaft. In den Worten des Creative-Commons-Erfinders und Rechtswissenschaftlers Lawrence Lessig heißt das: Remixkultur zeichnet sich durch die Ablösung der konsumorientierten Read-only-Kultur hin zur aktiv-kreativen Read/Write-Kultur aus.

Aber die allermeisten Remixes sind doch Mist?

Das stimmt. Sturgeons Gesetz zu Folge ist 90% von allem Mist.

Was ist derzeit Stand und was soll sich ändern?

Das derzeitige Urheberrecht drängt Remixkultur in die Illegalität. Die komplizierte Rechtslage und die Kosten für Rechteabklärung erschweren Kreativität im Internet und verhindern, dass Kunstschaffende für die Nutzung ihrer Werke angemessen vergütet werden. Mit der Kampagne „Recht auf Remix“ kämpfen wir dafür, die rechtlichen Voraussetzungen für eine vielfältige Remixkultur und faire Vergütung für Kreative zu schaffen. Unser Ziel ist Remixkultur zu erlauben und zu vergüten.
»Der EU-Urheberrechtskorpus lässt viel mehr Raum für Flexibilität als die abgeschlossene Liste an zulässigen Beschränkungen und Ausnahmen nahelegen würde.«
— Bernt Hugenholtz und Martin Senftleben

Warum muss das Urheberrecht geändert werden? Würden einfachere Lizenzierungsmöglichkeiten nicht ausreichen?

Einfache Lizenzierung ist wichtig – reicht aber für eine lebendige Remixkultur nicht aus. Für den alltäglichen Gebrauch ist die Forderung nach Lizenzklärung lebensfremd, denn das Teilen des Videos von der Geburtstagsparty mit geschützter Hintergrundmusik wäre weiterhin illegal. Und auch wo Lizenzklärung eine Option ist, kann selbst für kleinste Teile die Zustimmung verweigert werden. Das führt zu der absurden Situation, dass im Musikbereich bloße Nachahmung („Covern“) dank Zwangslizenzen erlaubt ist, kreativer Remix jedoch unterbunden werden kann.

Muss für ein Recht auf Remix das EU-Recht geändert werden?

Für ein umfassendes Recht auf Remix ist eine Änderung der EU-Urheberrechtsrichtlinie erforderlich. Doch auch auf nationaler Ebene lassen sich beispielsweise im Rahmen des Zitatrechts oder der freien Benutzung (in Deutschland §24 UrhG) Remixrechte verankern. Auf diese Weise bestünden weitergehende Möglichkeiten existierende Werke in neue Werke zu integrieren.

Wie lässt sich ein Recht auf Remix mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht verbinden?

Es stimmt, dass ein Recht auf Remix eine Reform des Urheberpersönlichkeitsrechts erfordert. Das Recht, Fortschöpfungen durch Dritte grundlos verbieten zu können, müsste auf wenige, klar begrenzte Fälle eingeschränkt werden. Unberührt von einem Recht auf Remix blieben klarerweise bestehende Verhetzungs-, Verunstaltungs- und Wiederbetätigungsverbote sowie Persönlichkeitsrechte außerhalb des Urheberrechts. Ebenfalls problemlos vereinbar mit einem Recht auf Remix wären das Veröffentlichungsrecht (§12 Urhg) oder das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§13 Urhg).

Können mit einem Recht auf Remix dann auch Nazis meine Werke verfremden und für ihre Botschaft einspannen?

Der Einwand, Werke könnten dann auch in neonazistischen Kontexten verwendet werden, wird bisweilen vor allem in Deutschland und Österreich von Seite der Kunstschaffenden gegen die Einführung eines allgemeinen Rechts auf Remix vorgebracht. Dem können wir jedoch drei Punkte entgegensetzten:
  1. Die befürchtete Nutzung in neonazistischen Kontexten ist in der Regel mehr als hypothetisch denn tatsächlich praktische zu verstehen.
  2. Für den unwahrscheinlichen Ernstfall bleiben jedoch bestehende Verhetzungs- und Wiederbetätigungsverbote von einem Recht auf Remix unberührt.
  3. Und wenn alle Stricke reißen, handelt es sich wahrscheinlich um einen Fall, auf den das Voltaire zugeschriebene Zitat von S.G. Tallentyre passt: „Ich missbillige, was du sagst, aber würde bis auf den Tod dein Recht verteidigen, es zu sagen.“

Aber ist nicht Creative Commons die Lösung für das Remix-Problem?

Prinzipiell ist Creative Commons eine gute Option, um anderen den Remix der eigenen Werke zu erleichtern. Ein gesetzliches Recht auf Remix kann Creative Commons aber jedoch aus einer Reihe von Gründen nicht ersetzen:
  • der Pool an Werken, die zum Remix zur Verfügung stehen, wäre auf Creative-Commons-lizenzierte Werke beschränkt. Und obwohl die Zahl derart lizenzierter Werke ständig wächst, handelt es sich dabei nur um einen kleinen Bruchteil aller Werke.
  • viele Kunstschaffende, die Mitglied von Verwertungsgesellschaften wie z.B. der GEMA sind, dürfen keine einzelnen Werke unter Creative Commons veröffentlichen.
  • Zentrales Merkmal der Remixkultur ist die transformative und kreative Nutzung von Artefakten der Mainstream-Kultur, die in der Regel gerade nicht unter Creative Commons veröffentlicht werden.

Und wie ist das mit "Fair Use"?

Einer der Hauptgründe dafür, warum wir überhaupt ein "Recht auf Remix" fordern, ist das Fehlen eines euopäischen Pendants zur Fair-Use-Regelung im US-Copyright. Fair Use ist eine allgemeine Ausnahme vom urheberrechtlichen Schutz, die unabhängig von der Art des verwendeten Werkes ist und vor allem darauf abstellt, ob durch die Nutzung die herkömmliche kommerzielle Verwertung gestört wird. Diese allgemeine Formulierung ist viel flexibler als der abgeschlossene Katalog mit Schrankenregelungen in Europa, vor allem wenn es um die Nutzung neuer technologischer Möglichkeiten geht. Ein schönes Erklärvideo zu Fair Use, das selbst auf Fair Use basiert, wurde vom Center for Internet and Society der Stanford University erstellt: Wenn die Initiative "Recht auf Remix" für die Einführung einer allgemeinen "Bagatellschranke" eintritt, dann geht es genau darum, auch das europäische Urheberrecht ähnlich flexibel wie das US Copyright zu machen. Im Unterschied zum völlig vergütungsfreien Fair Use halten wir aber eine angemessene Pauschalvergütung bei der Einführung einer solchen Bagatellschranke für durchaus vertretbar.