Sampling vor dem Verfassungsgericht: Eine kommentierte Presseschau
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe verhandelte gestern zur Frage, ob auch für die Übernahme kleinster Teile eines Musikstücks – im konkreten Fall geht es um ein zweisekündiges Sample von Kraftwerks „Metall auf Metall“ – die Klärung von Rechten erfordert. Zuvor hatte der Bundesgerichtshof (BGH) bereits zwei Mal, 2008 und 2012, zu Gunsten der Rechteinhaber am Song „Metall auf Metall“ entschieden. Konkret ging es nicht um Urheberrecht im engeren Sinn, sondern um das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers. Der BGH war in seinem Urteil der Meinung, dass Sampling nicht erlaubt sein soll, wenn es einem „durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten“ möglich wäre, die besagte Tonfolge selbst einzuspielen. Mit anderen Worten, Musikproduzenten sollen sich nicht durch Sampling auf Kosten anderer etwas ersparen.
Diese Entscheidung greift jedoch gleich doppelt zu kurz: Erstens ist Sampling heute längst nicht nur mehr etwas, das professionelle Musikproduzenten tun. Diese jedoch weiterhin als Maßstab heranzuziehen verhindert jede Form von nicht-kommerziellem Sampling und behindert so digitale Remix- und Mashupkultur. Zweitens geht es beim Sampling in der Regel nicht nur um die bloße Tonfolge, sondern ist Sampling auch eine kulturelle Referenz, ein Verweis, eine Auseinandersetzung mit anderen Werken. Ein Sample ist eben mehr als eine Tonfolge, sondern kann vielmehr ein Tonzitat sein, wo es gerade um die Erkenn- und Zuordenbarkeit zum zitierten Werk geht.
Im aktuellen Verfahren vor dem BVG geht es jetzt um die Frage, ob durch diese Entscheidungen des BGH das Grundrecht auf Kunstfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt worden ist. Mit anderen Worten, es gilt zu klären, ob es nicht zumindest in sehr engen Grenzen soetwas wie ein grundrechtlich geschütztes „Recht auf Remix“ gibt.
(more...) Leonhard Dobusch in netzpolitik.org– Kommentieren
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