Zur netzpolitischen Dimension von Maschek: Illegal erfolgreiches Remix-Kabarett
Am Rande einer parlamentarischen Enquete der österreichischen Grünen zum Thema Urheberrecht habe ich ein kurzes Interview mit Robert Stachel, Mitglied der Satire- und Kabarett-Gruppe Maschek. geführt. Wikipedia beschreibt das Konzept von Maschek. wie folgt:
„Das Konzept von ‚Maschek.‘ besteht aus der Live-Synchronisation von zusammengeschnittenen Fernseh-Passagen. Ihre Neuvertonungen geben dem Videomaterial eine völlig neue Handlung, verwandeln die originären Inhalte in eine absurde Fernsehsatire. Opfer dieser Satire sind häufig Prominente wie Papst Benedikt XVI., Heinz Fischer, Wolfgang Schüssel, Alfred Gusenbauer, Karl-Heinz Grasser, Angela Merkel, Maria Fekter, Arnold Schwarzenegger, Werner Faymann oder der 1994 verstorbene Fernsehclown Arminio Rothstein alias Clown Habakuk.“
In Österreich sind Maschek. mit diesem Konzept so erfolgreich, dass sie mittlerweile von ihrem Bühnenprogramm leben können. Außerdem sind sie ständiger Bestandteil verschiedener Fernsehformate wie beispielsweise „Willkommen Österreich“ des Duos Stermann & Grissemann.
In dem Interview berichtet Stachel von den urheberrechtlichen Herausforderungen, die mit der kabarettistischen Neusynchronisation von Filminhalten verbunden sind. Einerseits gestaltet sich die Klärung von Rechten selbst für die bloße Verwendung im Rahmen der Bühnenfauftritte von Maschek. bisweilen schwierig, vor allem wenn es sich um Amateurinhalte („Found Footage“, z.B. von YouTube) handelt. Andererseits bereitet es Maschek. Probleme, Videos von ihren kreativen Fortschöpfungen online zugänglich zu machen. Genau diese möglichst einfache Verbreitung ihrer Videos im Netz ist für Maschek. aber entscheidend:
„Wir produzieren seit über 8 Jahren im Auftrag des ORF. Das sind insgesamt deutlich über 100 Clips zu je drei bis fünf Minuten. Also ein idealer Content um ihn auf Plattformen wie YouTube zu veröffentlichen. Für uns hat das nicht einmal eine große kommerzielle Perspektive, primär, sondern für uns ist das das wesentliche Vehikel, um unsere Auftritte zu bewerben. Die meisten die zu uns in die Show kommen, haben uns auf YouTube gesehen oder haben einen Clip weitergeschickt bekommen über Facebook oder sich im Büro unsere Videos von Kollegen zeigen lassen und dann gesagt, die kann man sich auch live anschauen. Davon leben wir. Wir leben zu 90 Prozent von unseren Abendgagen.“
Trotz Unterstützung der Rechtsabteilung des österreichischen Rundfunks (ORF) ist es für Maschek. schwierig, diese Videos legal zugänglich zu machen:
„Mir ist das völlig egal, ober der ORF eine Plattform betreibt, was er aus anderen Gründen nicht darf oder tut, oder auf YouTube oder Vimeo oder ob ich das als Quicktime auf meine Homepage laden darf. All das ist nicht legal.“
Der wachsende Erfolge von Maschek. beruht deshalb nicht zuletzt auf fortgesetzter Urheberrechtsverletzung in Form von mehr oder weniger illegalem YouTube-Content:
„Es ist dort [auf YouTube, Anm.] so, dass man es riskieren kann, den Content raufzuladen. Wir tun das teilweise selbst. […] Wir haben einen offiziellen Maschek.-Account auf YouTube, der lädt nur Dinge hinauf, im Wesentlichen, die von uns rechtlich geklärt sind, an denen wir also zweifelsfrei und hundertprozentig die Rechte haben. Mit kleinen Ausnahmen, wo ein geringes Risiko eingegangen wird. Und es gibt einen anderen Account, oder eine Reihe von weiteren Accounts, die von uns gesteuert sind, das traue ich mich mittlerweile auch öffentlich zu sagen, die aber nicht Maschek. heißen und wo wir nicht mit unseren Namen auftreten, sondern wie viele dritte User auch einfach Content von Maschek. aus dem Fernsehen aufnehmen und hochladen. Wir haben das am Anfang ein bisschen gemacht, auch um einen Anschub zu geben. Mittlerweile machen wir das nicht mehr, weil sich glücklicherweise eine große Schar von Leuten gefunden hat, die das ganz einfach tun, was uns sehr freut. Ich würde den Teufel tun, irgendwen da zu verklagen oder zu drangsalieren, selbst wenn ich die Möglichkeit dazu hätte. Ich habe einmal beim ORF auch darum gebeten, sie mögen da ja nichts dagegen unternehmen in unserem Namen, sozusagen im Glauben, uns einen Gefallen zu tun, weil das ist für uns eine riesengroße Werbung.“
Mehr noch, YouTube hat mittlerweile für Maschek. die Funktion eines Archivs:
„Es ist für uns das wesentliche Archiv und es funktioniert auch so, dass wir teilweise unsere Nummern selbst nicht mehr zu Hause archivieren, zu Hause, weil wir es binnen zehn Sekunden via YouTube am Schirm haben, in HD-Qualität. […] Die Absurdität in diesem Zusammenhang ist, es darf nur mein Fake-Account meine eigenen Sachen raufladen, weil, wenn es der offizielle Maschek.-Account tun würde, dann hätten wir rechtlich ein klares Problem mit dem ORF in dem Fall oder in anderen Fällen mit den Inhabern der Rechte von den Video-Contents, die wir als Basis nehmen.“
Während die meisten dieser quasi illegal hochgeladenen Videos online bleiben, erzählt Stachel aber auch von Fällen, in denen Werke von YouTube wieder verschwinden. Konkret wurde beispielsweise ein Ausschnitt einer mitgefilmten Aufführung wieder und wieder gelöscht, weil ein kleiner Ausschnitt eines alten Arnold-Schwarzenegger-Films aus den 1960er Jahren darin vorkam. An diesem Beispiel werden auch die Parallelen von Maschek. zu der Löschung von Parodien deutlich, die auf dem Film „Der Untergang“ basieren (vgl. dazu Know Your Meme). Zusammengenommen illustriert das Beispiel von Maschek. sehr schön die Vorteile eines Rechts auf Remix für kreative Fortschöpfung. Möglich wäre eine Legalisierung von Remix-Kunst wie jene Maschek. wohl entweder durch eine Neugestaltung des Zitatrechts oder durch die Einführung einer Remix-Schranke auf europäischer Ebene.
Das gut 17 Minuten lange Gespräch liegt als MP3 und OGG auf dem Server.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf netzpolitik.org.
Leonhard Dobusch in Kunst, netzpolitik.org
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Schlagwörter: Found Footage, Maschek, Neuvertonung, Video-Remix, Voice-over, Werbung, YouTube
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