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Remixer #38 Christian von Borries: „Die Zeiten werden härter“

In der Serie “Remixer/in” geht es um Menschen und ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Christian von Borries.

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Christian von Borries

Christian von Borries ist Filmemacher, Musiker und Produzent. Nach einer Ausbildung als klassischer Musiker startete er 1999 die Reihe „musikmissbrauch“ (vgl. einen FAZ-Bericht dazu) und gründete das Musiklabel „Masse und Macht“.

Wie hat sich Ihr künstlerisches Schaffen entwickelt?

Ich bin ausgebildet als klassischer Musiker. Da habe ich den Ratschlag bekommen, dass man sich am besten mit der Partitur in eine stille Ecke zurückziehen soll, nur mit dem Urtext in der Hand um der Essenz der Musik nachzuforschen. Mir schien diese hermeneutische, rein werkbezogene Herangehensweise immer absurd, wo doch die Benutzung von Musik ihren Inhalt verändert, beispielsweise wenn sie etwa in der Werbung verwendet wird, oder als Soundtrack. Wie kann man dann noch von einem Urtext sprechen? Ist „Urtext“ nicht schon eine kapitalistische, lediglich auf Verwertungszusammenhänge ausgerichtete strategische Annahme und Übereinkunft der Content Industry? Und was ist mit Tonaufnahmen existierender Musik, mit Interpretationen oder Coverversionen? Das sind bereits Aggregatzustände, die sich individuell extrem unterscheiden können, obwohl sie auf einem identischen Notentext basieren. Also scheint die Kontextualisierung oder Rekontextualisierung der entscheidende Vorgang zu sein. Der amerikanische Fotokünstler Richard Prince sagte zu seinen Fotos existierender Zigarettenwerbung „The Choice is the Act„. Es geht ihm also um nichts anderes als um Reappropriation, eine Wiederaneignung existierender Inhalte. Vielleicht, so könnte man argumentieren, ist künstlerische Produktion nie etwas anderes, zumal in Zeiten der totalen Verfügbarkeit aller existierenden Inhalte im Netz.

Auf welche Weise verwenden Sie selbst Werke Dritter?

Ich habe Ende der 90er Jahre angefangen eine Konzertreihe zu konzipieren, die sich „musikmissbrauch“ nannte. Dort ging es um das Hörbarmachen der Verwertungszusammenhänge von Musik, nicht um das Aufführen von Werken. Man nannte mich deshalb plötzlich einen Komponisten, eine zweischneidige Bezeichnung, geht sie doch vom Geniebegriff des 19. Jahrhunderts aus.

(more...) Leonhard Dobusch in Interview
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Remixer #37 Ulu Braun: „Künstlerische Freiheit muss über Befindlichkeiten stehen“

In der Serie “Remixer/in” geht es um Menschen und ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Ulu Braun.

Ulu Forst (Foto: Jonathan Loyche)

Ulu Forst (Foto: Jonathan Loyche)

Ulu Braun lebt und arbeitet in Berlin als Video- und Filmkünstler. Für seinen Film „Forst“ (siehe auch den Trailer als Embed) erhielt er 2013 den Deutschen Kurzfilmpreis für den besten Experimentalfilm. Bei der Berlinale 2014 war Braun mit seinem neuen Film „Birds“ vertreten.

Wie hat sich Ihr künstlerisches Schaffen entwickelt?

Angefangen hat es mit Graffiti. Über Zeichnungen, Malerei und Collage ging es zum Film und darüber hinaus.

Inwieweit verfügen Sie selbst über Erfahrungen als Remixer?

Wenn ich Found Footage benutze, tue ich das entweder um zu zitieren, oder eine mediale Erfahrung auf persönliche Weise zu spiegeln. Solange ich an einem gesellschaftlichen Leben teilnehme, sind Massenmedien unausweichlicher Bestandteil der Wirklichkeit geworden. Um künstlerischer Freiheit gerecht zu werden, muss die Wirklichkeit Fundament einer Auseinandersetzung sein. Bei der Benutzung von Fremd-Footage geht es ja (meist) nicht um eine Aneignung bzw. Schöpfungsbehauptung dessen.

(more...) Leonhard Dobusch in Interview
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RemixerInnen #36 von WhoSampled.com: „Kreativität ist entscheidend“

whosampled-LOGOIn der Serie “Remixer/in” geht es um Menschen und ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: das Team hinter whosampled.com.

WhoSampled ist eine Webseite und App, die Zugang zur weltweit größten Datenbank von sample-basierter Musik, Coverversionen und Remixes ermöglicht. Der Dienst wurde vor fünf Jahren gegründet zum Musikfans dabei zu helfen, die Verbindungslinien im Musikuniversum zu ziehen und die Originale hinter der von ihnen bevorzugten Musik zu entdecken. Für das Interview kontaktierten wir Mitgründer Nadav Poraz, der sich dazu entschied, das ganze WhoSampled-Team in die Beantwortung der Fragen miteinzubinden.

Wie kam es zur Gründung von WhoSampled? Was waren die Herausforderungen?

Wir waren schon immer große Fans von sample-basierter Musik und fanden, dass das Entdecken der Originale hinter sample-basierten Tracks ist eine der schönsten Wege ist, um zu Verstehen welche Künstler unsere Lieblingskünstler beeinflusst haben und ältere Musik zu entdecken. Wir wollten die Wertschätzung für sample-basierte Musik fördern und mehr Menschen die Erfahrung ermöglichen, welch großartiges Gefühl es es ist wenn man das originale Sample eines Songs entdeckt, den man liebt. Die Herausforderungen waren ähnlich zu jenen von vielen anderen Community-getriebenen Webseiten: ein Publikum erreichen, eine Community aufbauen und den Zustrom an Inhalten zu bewältigen.

(more...) Leonhard Dobusch in Interview
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Remixed! Evangelische Akademie Tutzing tagt zu Remixkultur

Cover-Flyer-klNachdem sich die Evangelische Akademie Tutzing bereits Ende vergangenen Jahres dem Thema Netzpolitik gewidmet hatte, geht es von 28.-30. März 2014 wieder um ein Thema von großer netzpolitischer Relevanz. Unter dem Titel „Remixed!“ steht Remixkunst und -kultur sowie dessen rechtliche Regelung im digitalen Zeitalter im Zentrum der Tagung (PDF des Programms):

Das Internet und anverwandte Technologien machen es kinderleicht, selbst zu produzieren und ein weltweites Publikum für das eigene Werk zu finden. Ein Werk, das oft genug von Reproduktion und Verschmelzung lebt, das „kreativ kopiert“ ist, dies auch zeigt und dennoch etwas ganz Neues darstellt.

Wird der Produzent damit automatisch zum Künstler? Das Konzept des Remix zu einer allgemein anerkannten Ausdrucksform der digitalen Gesellschaft? Wie verändert das Remixen die bekannten Formen von Produktion und Verwertung künstlerischer Werke? Und welche Anforderungen stellen sie an ein zeitgemäßes Urheberrecht und die Politik?

Gemeinsam mit Dirk von Gehlen durfte ich für die Initiative „Recht auf Remix“ bei der Programmgestaltung mitwirken und freue mich, dass trotz teilweise sehr kurzer Frist eine Reihe von hochkarätigen Gästen zugesagt haben. Mit dabei sind unter anderem Ipek Ipekçioglu, die wir auch schon in unserer Gesprächsreihe mit RemixerInnen interviewt haben, HIIG-Direktorin Jeanette Hofmann und Gerhard Pfennig, Sprecher der Initiative Urheberrecht.

Hier geht es zur Online-Anmeldung, die noch bis 20. März möglich ist.

(more...) Leonhard Dobusch in Veranstaltung
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Remixer #35 Ticklish: „Ein guter Remix bewahrt die Seele des Songs“

In der Serie “Remixer/in” geht es um Menschen und ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Ticklish.

Ticklish

Ticklish

Ticklish produziert seit circa eineinhalb Jahren tanzbare elektronische Musik. Er ist Teil der Berliner Weboogie Crew based und arbeitet ständig an Songs und Kooperationen mit anderen Kunstschaffenden.

Was macht für Dich einen guten Remix aus?

Ein guter Remix bewahrt die Seele des remixten Songs und gibt ihm einen neuen Körper, der in den neuen Kontext passt. Die Handschrift des Remixers sollte sich vom Original unterscheiden und kann die vorhergehende Idee überschreiben, wenn Du mich fragst.

Auf welche Weise verwendest Du Werke von Dritten?

Samples sind eine großartige Quelle der Inspiration für mich; bisweilen spiele ich nur mit einem Track oder einem Acapella das ich mag herum und es verwandelt sich auf magische Weise binnen kurzer Zeit in einen vollständigen Song. Manchmal entferne ich dann sogar das ursprüngliche Sample am Ende, weil es überflüssig geworden ist – auch, wenn das Sample der Ausgangspunkt für den ganzen Prozess war.

(more...) Barbara Hallama in Interview
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Remixerin #34 Elisa Kreisinger: „Nichts ist wirklich ursprünglich“

In der Serie “Remixer/in” geht es um Menschen und ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Elise Kreisinger, die sich selbst als Pop Culture Pirate bezeichnet.

Elisa Kreisinger

Elisa Kreisinger

Elisa Kreisinger ist eine Video-Remixerin, die Mashups  von US-amerikanischen Popkultur-Fernsehshows wie Mad Men und Sex and the City erstellt um dabei neue, andere und subversivere Erzählungen zu generieren. Sie produziert diese Mashups sowohl für eine künstlerische als auch für eine Internet-Zielgruppe. Ihre Arbeit findet sich unter popculturepirate.com.

Was macht für Dich einen guten Remix aus?

Ich liebe Remix aber meine liebsten sind solche, die Hochkultur und Populärkultur mischen, zum Beispiel einen popkulturellen Text mit feministischer oder postmoderner Theorie verknüpfen. Die besten Remixes nutzen Popkultur als den Löffel voll Zucker der sozio-politische Kritik schmackhaft macht.

Auf welche Weise verwendest Du selbst Werke Dritter?

Ich berufe mich auf Fair Use, einer Klausel des US-Copyrights, die es erlaubt das jeder urheberrechtlich geschütztes Material ohne Zustimmung des Rechteinhabers verwenden darf, sofern es eine transformative Nutzung ist. Fair Use ist ein wichtiges Sicherheitsventil, das es neuer Kultur und Innovationen erlaubt, auf Vergangenem aufzubauen.

(more...) Leonhard Dobusch in Interview
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Remixerinnen und Remixer des Jahres 2013: All together now!

In der Serie “Remixer/in” geht es um Menschen und ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Die Remixer/innen 2013.

Avatar_en_03Ein guter Remix greift das Original auf, fügt eigene Gedanken hinzu, variiert und verfremdet, lässt aber das Ausgangsmaterial, die eigentlichen Künstler strahlen (#14), gelingt eine Balance zwischen der Wiedererkennung und neuen persönlichen Ausdrucksformen (#1). Ein guter Remix lässt in der Bearbeitung eine eigene kreative Leistung erkennen, die sich vom bloßen Zitat des Original klar unterscheidet (#20). Im Grunde nutzt bzw. abstrahiert ein guter Remix die Originalspuren so, dass das Original zu erkennen ist, der Remix aber gleichzeitig trotzdem wie ein neuer Track klingt, vom alten Charme vielleicht Teile beinhaltet, aber auch den (im besten Fall) unverwechselbaren Stil des Remixers unschwer erkennen lässt (#2). Und vor allem muss es grooven (#29).

Die gleichen Zutaten können unterschiedliche Ergebnisse produzieren (#23). Einige Remixes wollen auf rein visueller Ebene fesseln, andere mit Schenkelklopfer Humor unterhalten – und das ist gut so! (#5). Sobald ein Werk veröffentlicht wird, entzieht es sich mehr oder weniger der Kontrolle und geht im besten Fall in eine Art Allgemeingut über (#25). Musik materialisiert sich nicht mehr vorrangig in und mit der Produktion von abgeschlossenen Werken, sondern verkörpert Reflexionsweisen; es geht heute um Handlungen und Haltungen parallel zur Kunst. Dabei kann die Kunst (Remix) auch vom Werk (Original) distanziert, entkoppelt und/oder systematisch infrage gestellt werden (#7).

(more...) Leonhard Dobusch in Interview
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Remixer #33 Johann Fanger: „Einblick in den Nukleus des Werkes“

Johann Fanger (Bild: © Einar Snorri / Snorricuts)

Johann Fanger (Bild: © Einar Snorri / Snorricuts)

In der Serie “Remixer/in” geht es um Menschen und ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Johann Fanger, Mitinitiator des Remix-Wettbewerbs des DSO.

Johann Fanger ist seit 10 Jahren als Instrumentalist in verschiedenen Ensembles unterwegs, deckt stilistisch fast alles zwischen Jazz, Klassik, Rock und Pop ab, ist seit 15 Jahren als House DJ international unterwegs und seit 5 Jahren mit ersten (Solo-) Eigenproduktionen, momentan vor allem als Live-Act . Ausserdem arbeitet er als Kurator von Konzerten und Events und berät andere Künstler und Institutionen.

Inwieweit verfügen Sie selbst über Erfahrungen als Remixer?

Ich habe bereits diverse Remixe für Künstler aus dem Pop- und Elektronik-Sektor gemacht, aktuell für das Rivulet Label aus Leipzig und auch für den #DSOremix Wettbewerb werde ich wohl noch einen neuen Mix beisteuern.

Was macht für Sie einen guten Remix aus?

Für mich ist ein guter „Remix,“ im eigentlichen Sinne des Wortes, wenn die im Original vorhandenen Elemente neu abgemischt und re-arrangiert werden und so anders oder auch überhaupt erst wahrnehmbar werden. Wenn dann noch auf intelligente Weise, die im Original angelegten musikalische Ideen weitergeführt werden und so vielleicht ein eigenständiges, neues Werk entsteht bin ich hin und Weg.

(more...) Leonhard Dobusch in Interview
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Remixerin #32 Melissa Logan: „Remix erlaubt kulturelle Erneuerung“

In der Serie “Remixer/in” geht es um Menschen und ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Melissa Logan, Mitgründerin von Chicks on Speed.

Melissa Logan

Melissa Logan

Melissa Logan gründete 1997 gemeinsam mit Alex Murray-Leslie Chicks on Speed an der Münchner Akademie der Künste mit der klaren Idee als multi-modales Kollektiv im Kulturbereich zu arbeiten und damit die Vorstellung des isolierten Künstlergenies zurückzuweisen. Chicks on Speed tourten auf der ganzen Welt als elktronische Popgruppe, waren mit Performance-Kunst in MOMA, Tate, Pompidou, MOMAK etc. präsent und haben tragbare Technologien entwickelt, die sie „Objektinstrumente“ nennen. Zu diesen zählt auch eine Serie von Apps, de mit freundlicher Unterstützung des ZKM Karlsruhe und der Initiative Musik realisiert werden.

Zur Zeit arbeitet ihr an Musik- und Remix-App – wie wird diese App funktionieren?

Die App, die wir bauen, basiert auf einem klassischen DJ-Setup mit zwei Plattenspielern samt Mixer, enthält einige Effekte, Tonhöhenregelung und natürlich kann man scratchen. Ein zweites Fenster zeigt das „Plattenregal“ an und wir suchen gerade nach Wegen, um Mixes mit anderen Nutzern austauschen und teilen zu können.

Was macht für Dich einen guten Remix aus?

Ein großartiger Remix fügt einem Song Tiefenebenen hinzu und die Umarbeitung von musikalischen und textlichen Inhalten macht ihn präziser, schärfer oder aktueller. Musik ist eine Kunstform die stark mit dem Hier und Jetzt verknüpft ist, jede Zeit und jeder Ort braucht seine Musik, der Sommerhit, das Album des Jahres. Gute Songs können für Generationen überleben und der Remix erlaubt jene kulturelle Erneuerung eines Songs, die dafür notwendig ist.

(more...) Leonhard Dobusch in Interview
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Remixer #31 Andreas Paleologos: „Wie bei einer Cover-Version“

In der Serie “Remixer/in” geht es um Menschen und ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Andreas Paleologos aka CUCKOO.

Andreas Paleologos

Andreas Paleologos

Andreas Paleologos arbeitet als Computeranimator und Motion-Designer, hofft aber auch einmal mit seiner Musik Geld verdienen zu können. Sein erstes Konzert unter seinem Künstlernamen CUCKOO gab er 2009 und hat seither ein Album und einige Singles veröffentlicht. Seit 2012 veröffentlicht Paleologos seine Musik vor allem auf YouTube. Weitere Informationen finden sich unter cuckoo.no.

Was macht für Dich einen guten Remix aus?

Ein großartiger Remix enthält ein Überraschungsmomment, eine gute Prise Verspieltheit und macht letztlich ein mattes Origianl fantastisch.

Auf welche Weise verwendest Du selbst Werke Dritter?

Nun, wenn ich bisweilen Remixes erstelle, dann bedeutet das meistens das Remixen eines Musikvideos, und zwar indem ich mich selbst oder andere in das Remix-Video integriere. Die meiste Zeit verwende ich Kleingkeiten aus dem Originalsong und erstelle eine Art von Coverversion. Dabei erwecke ich Emotionen zum Leben, die im Original fehlen und mache auf gewisse Weise meine eigene Cuckoo-Version daraus.

(more...) Leonhard Dobusch in Interview
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